Draußen beobachtet

Kontrasterlebnis: Hevetal

Drei „Balkone“ für Naturfreunde und Träumer

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 25.09.2019


MÖHNESEE – Wer an der Talsperre den Autokolonnen und dem Motorradlärm entgehen will, dem sei ein Spaziergang im Hevetal empfohlen: zwischen Taucherbucht und Torhaus. Hier hat der Zweckverband „Naturpark Arnsberger Wald“ den Naturfreunden ein Geschenk gemacht, wie es schöner kaum sein kann. Es sind die Sitzecken, die früher als „Balkone“ geplant waren und heute einmalige Aussichts- und Beobachtungspunkte sind.
Hier einen milden Herbstabend zu verbringen, ist ein reizvolles Kontrasterlebnis für alle, die es ruhiger und besinnlicher lieben. Vor allem der mittlere der drei Punkte bietet einen freien Einblick über den See in die Schlibbeckebucht mit seiner Vogelwelt. Abends nach 18 Uhr versammeln sich an der Uferlinie vor der angrenzenden Halbinsel die Kormorane, die man mit einem Fernglas natürlich noch genauer beobachten kann.
Über ihnen an der Uferböschung grasen die Gänse. Mit einem Bestimmungsbuch kann man unschwer drei Arten unterscheiden: die Grau-, die Kanadagänse und die Nilgänse, die sich am lautesten vernehmen lassen. Gemütlich auf der Bank sitzend erlebt man einen Einblick in die artenreiche Vogelwelt des Naturschutzgebietes, das seine Ruhe auch dann mit den Besuchern teilt, wenn zwischen Sperrmauer und Stockumer Damm der Verkehr überflutet.
Für einige Wochen geben sich in den Abendstunden große Scharen Kormorane ein Stelldichein. Sie haben immer an demselben Uferstreifen ihren Sammelplatz. Einige schwimmen, andere lüften und trocknen ihr Gefieder. Zeitweilig sind es mehrere hundert, die gegen 19 Uhr sehr geordnet auffliegen, sich zu größeren Gruppen zusammenschließen und über Baumwipfel und Berge gezielt nach Westen – möhneabwärts – fliegen. Die Kormorane gewinnen an Höhe und verschwinden in der Ferne. Jeden Abend wählen sie denselben Weg zu ihrem Schlafplatz.
Vogelfreunde sprechen von einem „Naturschauspiel“. Gelegentlich genießen sie auch noch den Anblick von Sika- und Schwarzwild, das – vom Menschen ungestört – am gegenüberliegenden Waldrand äst. Wenn dann noch am wolkenlosen, blauen Himmel zur selben Zeit die Sonne untergeht, ist die Stimmung perfekt, wären da nicht die Privatflugzeuge, die fast unentwegt über dem Möhnetal ihre Kreise ziehen, als wäre das Flugbenzin nicht schon längst in der Kritik der jungen Menschen, die sich zu recht darum sorgen, dass uns die Schönheit der Schöpfung erhalten bleibt.