Draußen beobachtet

Natürliche Dunkelheit bedenkenlos verbraucht

Der Lichtverschmutzung mehr Beachtung widmen
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 6.01.2018


MÖHNESEE – Erst sehr spät sind die Umweltschützer zu der Erkenntnis gekommen, dass die Menschheit bedenkenlos ein wertvolles Naturgut nahezu komplett verbraucht hat: die natürliche Dunkelheit, an die sich die Organismen über Jahrmillionen angepasst haben. „Weißt du, wie viel Sternlein stehen?“ darf man viele Kinder nicht mehr fragen, weil in deren lichtüberflutetem Lebensraum kaum noch einmal ein dunkler, mit Sternen geschmückter Nachthimmel zu erleben ist. Nicht ohne Grund mussten die astronomischen Großlabors an den Rand Europas oder in andere Erdteile ausweichen.
Seit Jahrzehnten setzen wir das Licht zu einem großen Teil grenzenlos und unüberlegt ein. Auch die Umweltschützer haben kaum einmal warnende Stimmen erhoben. Erst neuerlich melden sich zumindest die Verfechter der Idee der Dark-Sky-Parks und Sternenparks zu Wort und die Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes Nordrhein-Westfalen hat erstmalig eine Veranstaltung ökologischen und ökonomischen Aspekten einer nachhaltigen Lichtplanung gewidmet.

By Jacek Rużyczka (Own work) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons

Das Streulicht aus dem Möhne- und dem Ruhrtal macht sich auch noch in den Naturschutzgebieten an der Heve und im Arnsberger Wald bemerkbar. Wie sich die Störung des natürlichen Hell-Dunkel-Rhythmus auf den menschlichen und tierischen Organismus auswirkt, ist bislang nur unzureichend untersucht. Dass wahre Lichtorgien ausgerechnet in der von Natur aus und nach der Liturgie dunkelsten Jahreszeit stattfinden, machen sich offenbar die wenigsten Menschen bewusst. Sie tragen zweifellos zum Artenschwund nicht nur bei Fledermäusen und zur Belastung weiterer nachtaktiver Arten bei, die nicht alle so anpassungsfähig sind wie manche Schwarzdrosseln, die bereits im nächtlichen Licht von Laternen singen.

Es ist schon längst an der Zeit, die negativen Auswirkungen des Lichts in der Umweltplanung ernsthafter in den Blick zu nehmen, sind immer mehr Biologen und Mediziner überzeugt. Sie fordern zumindest einen zurückhaltenden Umgang mit der Intensität und auch der Qualität des Lichtes, wozu unter anderem auch ein reduzierter UV- und Blaulichtanteil gehören.