Draußen beobachtet

Neun Monate ständig in der Luft

Auch Experten bewundern dei Dauerflieger
Erschienen im Soester Anzeiger am 27.05.2017


MÖHNESEE – Seit Anfang Mai sieht man über dem Möhnesee wieder das sichelförmige Flugbild des Mauerseglers, das entfernte Ähnlichkeit mit dem von Schwalben hat. Teilnehmer naturkundlicher Exkursionen sind es gewohnt, immer wieder von wunderbaren Phänomenen in der heimischen Natur zu hören. Doch was sie über den Mauersegler erfahren, lässt manchen ungläubig dreinschauen. Und doch ist inzwischen wissenschaftlich belegt, was den weit gereisten Zugvogel als einen der bewundernswertesten Teile der Schöpfung erscheinen lässt.
Kein anderer Vertreter der heimischen Vogelwelt ist so großartig dem Leben in der Luft angepasst
wie der Mauersegler, der überwiegend an höheren Gebäuden, auf Kirchtürmen und höheren Dächern mit möglichst unbehindertem Anflug brütet. Wenn er um die April-Mai-Wende aus seinem Winterasyl in Südafrika heimkehrt, berührt er am Nistplatz auf dem Dachboden oder an einem Balken erstmalig nach neun Monaten wieder Boden unter sich. Drei Viertel des Jahres hat er ständig in der Luft verbracht. Als die Mauersegler uns Anfang August verließen bis zu ihrer Rückkehr haben sie in der Luft Fluginsekten und fliegende Spinnen gefressen, im Fluge getrunken, geschlafen und sich gepaart.

Quelle: fotocommunity.de

Und das war für die Bewohner der Lüfte gut und wichtig. Sie können weder laufen noch auf einem Zweig sitzen, nicht einmal vom Boden starten. Dafür mal gerade auf ihrem Gelege sitzen und brüten. Aber auch hinsichtlich der Jungenaufzucht sind sie Sonderlinge. Nur ein einziges Mal im Jahr ziehen sie mal gerade zwei bis drei Junge auf. Mit fünf Wochen ist ihre Brutzeit für Vögel ihrer Größe lang. Die Nestlingszeit dauert sechs Wochen. Diese schwache Fortpflanzungsbilanz kompensieren sie durch eine für ihre Körpergröße ungewöhnlich hohe Lebenserwartung von über 20 Jahren.
Anwohner des Möhnesees bestätigen, dass sie mehr Mauersegler sehen als Schwalben. Sie jagen meistens hoch am Himmel, in der Regel höher als die Schwalben. Bei ihrem Anblick wird dem Naturfreund bewusst, wie einmalig und großartig die Anpassung einer hochspezialisierten Vogelart an das Leben in der Luft sein kann und dass sie einer einzigen heimischen Vogelart in bewundernswerter Perfektion gelungen ist, eben dem Mauersegler. St.