Draußen beobachtet

Nordische Bergfinken im Anflug

Konzentration der Vögel in Bereichen kranker und bereits toter Fichten

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 20.03.2019


MÖHNESEE – Stärker als in den letzten Jahren ist dieses Mal der Einflug der nordischen Bergfinken. Die nahen Verwandten unserer heimischen Buchfinken sind im Norden Skandinaviens, Finnlands und Sibiriens Brutvögel und bis zur Baumgrenze verbreitet. Sicherstes Kennzeichen der Bergfinken ist der auffällige weiße Bürzelfleck, der unübersehbar ist, sobald die Bergfinkenschwärme vom Boden auffliegen. „Bürzel“ nennen die Ornithologen den hintersten Rückenbereich am Schwanzansatz eines Vogels.
Nicht in allen Jahren, insgesamt aber recht häufig kommen die Nordländer auch in den Arnsberger Wald, vor allem in die Buchenwälder. In Jahren mit reicher Bucheckernmast werden Schwärme mit mehreren Tausend Bergfinken gesehen. Wenn sie gemeinsam auffliegen, erinnern sie an Heuschrecken-Schwärme in der Wüste. Wo sie heißhungrig über die Bucheckern am Boden herfallen, können sie die Hoffnung der Förster auf besonders viele Buchenkeimlinge im nächsten Jahr, auf die sogenannte „Naturverjüngung“, zunichte machen.
Gegenwärtig aber fliegen die großen Bergfinkenscharen in Fichtenbeständen vom Boden auf. Sie scheinen sich im Bereich kranker und bereits toter Fichten infolge des Borkenkäferbefalls zu konzentrieren. Doch den Wunsch der Waldfreunde, sie sollten sich an der Borkenkäfer-Bekämpfung beteiligen, scheinen die Bergfinken nicht erfüllen zu können. Nur im Sommer sind sie Insektenfresser, im Winter fressen sie Körner wie Bucheckern, Fichtensamen und sogar Mais.
Was sie in kranken Fichtenwäldern suchen, war zunächst schleierhaft. Gesunde Fichtenwipfel hängen noch voller Zapfen. Ob die Bergfinken allerdings so gewandt sind, dass sie da die Samen herausklauben können, ist fraglich. Unter den bereits abgestorbenen, zumeist aber schon vergilbten Fichten, ist der Boden mit abgefallenen Zapfen nahezu vollkommen bedeckt. Hier scheinen die meisten Bergfinken ihre augenblickliche Nahrungsquelle zu haben.
Ende März oder im Laufe des Monats April verlassen uns die gefiederten Gäste wieder. Nur sehr vereinzelt werden auch in Mitteleuropa brütende Bergfinken und sogar Bastard-Paare von Berg- und Buchfinken beobachtet, aber das sind angesichts der Millionen Nordländer seltene Ausnahmen.