Draußen beobachtet

Pfingstrosen und Pfingstvögel

Mehrere Arten sind nach den christlichen Hochfesten benannt

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 22.06.2019


MÖHNESEE – Pfingsten blühen die Pfingstrosen, Ostern die Osterglocken oder Gelben Narzissen und zu Weihnachten im Garten die Christrosen und auf der Fensterbank die Weihnachtssterne. Da mag es sein, dass – wie in diesem Jahr in Körbecke – die meisten Pfingstrosen zum Pfingstfest schon verblüht sind. Einige der ungewöhnlichen Blüten aber genügen, um sich die Besonderheiten dieser traditionsreichen Pflanzenart bewusst zu machen.
Auffällig sind die vielen Staubgefäße, die pollenfressenden Insekten Nahrung im Überfluss liefern. So viel Pollen wie die Pfingstrose produziert kaum eine andere Pflanzenart. Der Name „Rose“ ist nicht zufällig; im Mittelalter hat man die Pfingstrose zu den Rosengewächsen gezählt und sie wie die eigentlichen Rosen in die Marienverehrung einbezogen. Heute gehört sie zu einer eigenen Familie, die sich durch mehrere ursprüngliche Merkmale auszeichnet. Dazu gehört die spiralige Anordnung der Kron- und der Staubblätter.
Plinius d. Ä. hielt sie für die älteste Gartenblume. Hildegard von Bingen und Albertus Magnus lobten ihre Heilkräfte. Auch die Maler und Dichter des Mittelalters sind ihres Lobes voll. Den wissenschaftlichen Namen „Paeonia“ kannten schon die Griechen und Römer. Sie leiteten ihn ab vom Namen des Götterarztes Paion in der griechischen Sagenwelt.

Im Tierreich gibt es auch einen Pfingstvogel. Allerdings ist dies nur der Zweitname für den Pirol, einen amselgroßen Zugvogel, der als letzter im Jahre – manchmal erst zu Pfingsten – aus Südafrika zurückgekehrt. Obwohl die Art ein auffällig buntes Federkleid trägt – das Männchen mit goldgelbem Rumpf und schwarzen Flügeln und Schwanz – werden die Pfingstvögel nur selten gesehen. Das liegt daran, dass sie vorzugsweise in hohen Baumwipfeln leben und erst heimkehren, wenn die Bäume vollbelaubt sind.
Obendrein gehören sie zu den seltenen Brutvogelarten Westfalens, die nur im Tiefland – und dort vor allem in lichten Auenwäldern – ihre kunstvollen zwischen Ästen aufgehängten Nester bauen. Mit dem Kuckuck haben die Pirole gemeinsam, dass sie behaarte Raupen erbeuten. Im Herbst allerdings ziehen sie offensichtlich Beeren vor. Dass die Vogelart trotz ihrer Seltenheit bei der Landbevölkerung so bekannt und beliebt war, dass sie gleich mehrere volkstümliche Namen bekam, liegt an ihren einprägsamen Rufen und vielleicht auch daran, dass es früher vielleicht schon einmal mehr Pfingstvögel gab.