Draußen beobachtet

Rollfrüchte

Lackschäden durch Eicheln? “Rollfrüchte” brauchen Tiere zur Verbreitung
Erschienen im Soester Anzeiger am 20.12.2015


MÖHNESEE – Die Verbreitung der Pflanzenarten erfolgt auf unterschiedlichem Wege. Der Wind trägt Samen mit Hilfe von Härchen und Fallschirmchen davon. “Klettenfrüchte” haften im Fell, an Klauen oder Schuhsohlen und lassen sich so davontragen. Auch fließendes Wasser kann Samen weiterbefördern. Die Samen in den Beeren und in manchen anderen Früchten werden während der “Darm-Passage” von Vögeln an einen anderen Ort transportiert und mit den Samen etlicher Kräuter schleppen sich die Ameisen ab, nur um sich die nahrhaften Ameisenanhängsel zu sichern.

Wer aber verbreitet etwa Eicheln und Kastanien, die nahezu senkrecht aus den Wipfeln auf den Boden fallen? “Plumpsfrüchte” haben einige Biolehrer síe genannt. Dass sie am Berghang oft ein Stückchen bergab rollen oder beim Auftreffen auf der Erde noch einmal kurz aufspringen, bringt nicht viel. Die “Rollfrüchte” brauchen den Sammeleifer von Eichelhähern und Eichhörnchen und gewisse Gedächtnislücken, die sicherstellen, dass ein Teil der versteckten Eicheln nicht wiedergefunden wird.

Bei den Rosskastanien umhüllt die stachelbewehrte Fruchtschale den von Kindern gern zum Basteln gesammelten Samen. Beim Aufprall platzt sie meistens auf. Der Same rollt zumindest eine kleine Strecke. “Rosskastanie” wird er nicht nur genannt, weil Vieh und Wild ihn gern frisst, sondern auch abwertend gegenüber der im Mittelmeerraum gern gegessenen Esskastanie.
Die beiden einheimischen Eichenarten erhielten ihre Namen “Stieleiche” beziehungsweise “Traubeneiche” nicht nach ihren Blättern, sondern nach ihren Früchten, die für die Menschen früher als Mastfutter für die Schweine besonders interessant waren. Die 15 bis 25 Millimeter langen, eiförmigen Eicheln der Stieleiche sind mindestens 1,5 Zentimeter lang gestielt, die der Traubeneiche dagegen mehr oder weniger ungestielt. Zumindest im frischen Zustand weisen die Eicheln der Stieleiche dunkle Längsstreifen auf, die der Traubeneiche sind dagegen einfarbig braun. Sie sind übrigens nur kurze Zeit keimfähig, am besten unter feuchtem Laub oder auf feuchtem Boden, weil dort keimungshemmende Stoffe abgebaut werden können.
Wer als Autofahrer beim Stichwort “Eicheln” meint, an Lackschäden denken zu müssen und ihre Begleichung vom Nachbarn oder von der Kommune gerichtlich einklagen zu können, sieht sich getäuscht. Abgesehen davon, dass die Rollfrüchte kaum solche hinterlassen dürften, gelten mögliche Schäden durch sie ebenso wie herbstliches Welklaub als “ortsüblich”, natürlich auch der von Linden abgeschiedene Zuckersaft. St.