Draußen beobachtet

Stellvertreter im Krautbund

Über zwei Meter hohe Stauden: Alant und Telekia
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 16.08.2017


MÖHNESEE – Eigentlich ist die Königskerze herausragender Mittelpunkt im traditionellen Krautbund, das heute wieder vielerorts im Kreis Soest und im Kurkölnischen Sauerland zum Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel gesammelt wird. Doch wo die Wollige oder Großblütige Königskerze, die auf schottrigen Standorten, an Straßenrändern, auf Schuttplätzen und Industriebrache wächst, stellenweise selten geworden ist oder fehlt, greift man auf zwei andere Riesen unter den Kräutern zurück.
Das ist schon seit alters her der Echte Alant (Inula helenium) und neuerdings die Telekie (Telekia speciosa). Beide gehören zwar nicht wie die Königskerzen zu den Rachenblütlern, sondern wie die Gänseblümchen und die Margeriten zu den Körbchenblütlern, haben aber mit den Königskerzen die für krautige Pflanzen ungewöhnliche Wuchshöhe von über zwei Metern gemeinsam. Großwüchsig aber müssen sie schon sein, wenn sie im Krautbund den Mittelpunkt stellen sollen.

Der Alant stand als alte Arznei- und Gewürzpflanze auch schon früher gelegentlich für diesen Zweck zur Verfügung. Schon seit der Antike wurde er, der in Südosteuropa wild wächst, auch in Gärten gepflegt. Über die Klostergärten kam er in die Bauerngärten, wo man ihn auch heute noch vom Frühsommer bis zum Herbst blühend antrifft.
Immer häufiger aber wird er durch die ihm ähnliche Telekie ersetzt.
Auch sie stammt aus Südosteuropa, überrascht den Naturfreund aber auch im Arnsberger Wald. Wie in ihrer Heimat bevorzugt sie auch
bei uns feuchte Gehölze und bachbegleitende Gehölze. Die Telekie wächst am Donnerschen Weg, der von Neuhaus zum Lattenberg führt, und breitet sich dort an mehreren Stellen deutlich aus. Wie sie dorthin gelangt ist, bleibt bislang noch ein Rätsel. Ihren deutschen und zugleich wissenschaftlichen Namen Telekia erhielt sie zu Ehren von S. Teleki von Szek, einen ungarischen Adeligen und Förderer der Botanik im 19. Jahrhundert.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Auf jeden Fall bleibt die Mitte des Krautbundes gelb, gleichgültig, ob es die behaarten Blüten der Königskerze sind, die mit ihrem walzenförmigen Blütenstand tatsächlich an eine Kerze erinnert und früher angezündet der Prozession vorangetragen wurde oder die Körbchen des Alants oder der Telekie. Die verschonte Königskerze erholt sich wahrscheinlich schon in wenigen Jahren.
Bei 200 Blüten an einem Stängel und rund 300 Samen je Blüte sind ihre Chancen groß, vorausgesetzt ihr bleibt der Wuchsort erhalten und sie wird nicht gedankenlos abgemäht.